Mittwoch, 29. Dezember 2010

Please Welcome El Bolson - 717km. 10h am Bike. Bei 34C. Und es war jeden Kilometer wert...

Ich sitze an der Bar. Sehr charmant. Und ich bekomme gleich einen Platz. Noch charmanter. Und das Lokal ist das einzige hier in El Bolson, das absolut voll ist.
Mein kaltes Bier (klarerweise nur „eine“ Flasche“) neben mir.
Ich lasse gerade den heutigen Tag Revue passieren.
Gestern habe ich mir noch überlegt Mr. Churchill nach Hause zu schicken. Einfach alles als „Sunken costs“ abzuschreiben und unbeschwert mit dem Bus weiterzufahren.
Und dann dieser heutige Tag.
Einfach fein.
Unbeschwert zu fahren. Nicht darüber nachzudenken, was als nächstes wieder kaputt geht. Wo ich meinen Reifen herbekomme. Warum meine Seitenwagenbremse so quietscht und manchmal blockiert. Wie ich mein Leck im Haupttank dicht bekomme. Wo ich mein Luftfilteröl herbekomme. Ob meine Zündkerzen schon wieder auf Grund des zu fetten Gemisches verrußen...

Die Route von Gaiman nach El Bolson ist eine Augenweige. 717km asphaltierte Strasse.In einer feinen Kulisse.





Einiges über 100km hinter Gaiman verläuft ab dann ein Fluß parallel zur Straße. 
Eine Augenweide nach diesen als Monate empfundene Zeitperiode wieder etwas grün zu sehen. Flüsse, die neben der Strasse sich im Licht spiegeln lassen die Hitze ganz vergessen. Einfach nur fein.
Und es steigerte sich. Langsam wird die Gegend grüner. Ich werde an meine Schottland Tour mit lieben Arbeitskollegen erinnert. Eine Hochebene. Grün. Tolle Straße. Viele Kurven. So macht Motorrad fahren echt Spaß.
Die Hitze wirft mich zwar um. Aber mit Musik im Ohr und dieser Landschaft wird auch das vergessen. Leider drücken meine In-Ear Kopfhörer ziemlich, sodaß ich dann die Motorradhelmkopfhörer von Louis verwenden muß. Aber schon beim zweiten Mal verwenden habe ich anscheinend einen mehrfachen Kabelbruch und der Ton verschwindet immer wieder. Ich darf nicht vergessen mir da was besseres irgendwo zu besorgen. Mit Musik sind diese Distanzen hier dann wie ein surrealer Film…
Ein bißchen war ich etwas gestresst, wie ich erst bei der dritten Tankstelle wieder Benzin bekommen habe. Mr. Churchill hat zwar eine errechnete Reichweite von ca. 450km, aber das sind so Theorien, die ich nicht unbedingt empirisch bestätigt haben möchte. Und bei jeder Tankstelle halte ich somit ganz brav und tanke dann auf. Sowohl Mr. Churchill als auch mich - interessanterweise mußte ich trotz ca. 6l trinken heute kein einziges mal aufs Klo… (Technische Details, die keinen interessieren. Aber ich mußte es anmerken)
Wie ich dann das erste Mal wieder Schnee in der Ferne auf einem Berggipfel gesehen habe, hätte ich vor Freude weinen können. Die Temperatur ist dann auch gleich von 34 auf 29,6 gefallen.
…Naja. Zumindest für ca. 10min. Dann ist sie eh wieder auf 30+ zurück gestiegen.
Meine Überlegung, daß sich die Temperatur im Westen auf Grund der Winde und der Meeresnähe etwas reduzieren würde ist nicht ganz aufgegangen...
Hier in El Bolson hat es laut meinem Motorradthermometer auch ca. 31,2C.
Aber wenigstens gibt es hier viel Grün. Sehr, sehr fein!...

Ich wollte eigentlich gar nicht so weit in den Norden. Eigentlich wollte ich nur von der Ostküste wieder in den Westen kreuzen. D.h. von Gaiman nach Esquel. Oder eventuell nach Trevelin weiter.
Aber wie das Schicksal so spielt: Bei der Abreise aus meinem Hostal in Puerto Madryn plausche ich noch ein Etzerl mit meinem Zimmerkollegen. Er, ca. 50, Brite, unscheinbar, hatte davor kaum mit ihm geredet. Und er kam gerade aus der Gegend. Und hat mir dann ein Hostal in El Bolson empfohlen.
…und hat mir dann gleich diverse Karten aus dieser Gegend mitgegeben. Was für ein Zufall. Und deswegen meine Planung hier dann Sylvester zu verbringen.
Lustigerweise sind genau direkt gegenüber meinem Hostal genau zwei Reifengeschäfte - bei denen ich hoffentlich endlich meinen Seitenwagenreifen bestellen kann. Was für ein Zufall, daß es sowas hier in diesem kleinen Touristenort gibt. Damit hatte ich auch nicht gerechnet.
Und ein weiteres Glück: ich habe zwar ein Dormitory genommen – aber in meinem 5 Bett Zimmer belege ich das einzige Bett… :-)   Auch sehr fein.


4 Kommentare:

  1. Hallo, Philipe,
    dann wünsche ich Dir schon mal Alles Gute für 2011.
    Ziel:
    - Pannen runter
    - km rauf
    - Spaßfaktor höher
    - mehr erleben
    Dein Hobel erinnert mich an "Bananensoftware" (reift beim Kunden). Geniesse die Zeit der Reife, danach kommt die Fäulnis.
    Gruß
    Dieter

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  2. Hi Dieter,
    Vielen Dank für die lieben Wünsche!
    Ganz liebe Grüße nach Düsseldorf,
    Philipe

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  3. So bepackt ein Schiff , eh Gespann, ist hätte man doch locker noch 3 Reifen drauf legen können ... odr? ich weiß Salz in offerne Wunden....... ich kann dir sagen das es gut tut , einmal in der Lage zu sein , solche Worte von mir geben zu können.

    Ich kenn das aus Deiner Perspektive nur zu gut ;-)

    Neid und Mitleid muß man sich erarbeiten - beides steht dir zu

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  4. ;-)
    Danke für Deine aufmunternde Worte!

    ...und ja - manchmal: Life sucks! :-)

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