Montag, 13. Februar 2012

[2012-02-12] Hasz. Liebe.

Gestern: 30C. Wir sind ja eigentlich noch extra einen Tag laenger geblieben, da sich das aussortieren, aufpacken, Motorrad fertig machen etc. als doch aufwendiger gestaltete, als wir eigentlich erhofften. Und vorgestern am Abend ist mir bei der letzten Abreisekontrolle auch noch aufgefallen, dasz der Hinterreifen - nach gerade mal 3 Tagen aufgepumpt sein, schon wieder nur noch rund 1 bar hatte.  Welcome Traveling with MrC!
Meine Stimmung war am Tiefpunkt. Noch nicht mal auf der Strasze und bereits schon wieder "Herausforderungen" mit Mister Churchill!
Somit bin ich dann gestern in der Frueh die 20km vom Campingplatz nach Arica zurueckgefahren - alleine, da Susan das Zelt zusammenlegte und die Sachen zusammenpackte.
Am Samstag eine Gomeria zu finden ist nicht trivial. Die Temperaturen stiegen schon wieder. Und noch immer keine Gomeria in Sicht.
Nach etlichen Herumfragereien, endlich die richtige Strasze gefunden. Eine Gomeria ausgewaehlt. Und sofort wieder erinnert worden, warum ich das Herumbasteln an MrC so richtiggehend hasse: Nun ja. Das Herumschrauben an sich macht mir ja Spasz. So Herauszufinden, wie das Fahrzeug funktioniert. Was man beachten musz bei der Pflege. Wie stark man Schrauben anziehen musz. Welche Teile man in welcher Reihenfolge abbaut, um gut an dem Problem arbeiten zu koennen. Das ganze in der schattigen Garage. Neben sich das Bierflascherl stehend. Kein Zeitdruck. Ach wie wunderschoen kann das Leben doch sein...
Hmmmm... Das nur zur Theorie. Die Praxis: Irgendwann um ca. 09:30 habe ich endlich die Gomeria gefunden. Natuerlich gab es keinen betonierten Platz davor - ich habe dann MrC im Schatten eines Obststandes aufgebockt.Der Untergrund war ganz normale, vollkommen ausgetrocknete Erde. Mit hier und da ein paar Steinen dazwischen. Ideale Tarnfarbe fuer heruntergefallene Schrauben und Beilagscheiben.
Um den Reifen zu wechseln muszte ich also wieder mal - die schwachsinnige Prozedur kenne ich mittlerweile ja schon zu gut - das Bremsgestaenge abhaengen. Stoszdaempfer links aushaengen. Stoszdaempfer rechts vollkommen entfernen. Achse rausziehen. Endantrieb abschrauben - das ganze Oel dabei herausflieszen lassen. Dann Endantrieb zur Seite friemeln. Und endlich dann den Hinterreifen nach hinten wegziehen. Man musz sich das ganze aber noch begleitet von einer aufgehenden Sonne vorstellen, welche mehr und mehr auf einen herunterbrennt. Die Wasserspur, die so an einem vorbeilaeuft entpuppt sich auf Grund des Geruches nicht als Wasser: anscheinend Ueberreste eines menschlichen Stoffwechselvorganges.
Und man hat dabei immer vor Augen, dasz das Abbauen nur die eine Seite der Medaille ist. Das wieder Anbauen der ganzen Teile ist dann eine andere Seite der Medaille...
Bezueglich der Reifen habe ich dann einen Dreiertausch gemacht: auf den Hinterreifen einen vollkommen unbenutzten Reifen aufziehen lassen, den Seitenwagenreifen den wenig abgefahrenen Reifen drauf und der Reservereifen ist jetzt der am meisten abgefahrene Reifen. Und zusaetlich habe ich dann endlich das seit Urzeiten herumgefahrene "Slime" verwendet - ein Gel, welches als Prophylaxe in den Reifen eingefuellt wird und Loecher sofort verschlieszt, ohne das man etwas merkt. Ich habe es mir damals in Sta. Cruz / Bolivien gekauft und kutschiere es seitdem durch die Weltgeschichte.
Ich bin schon gespannt wie es funktioniert: es wirbt damit, dasz es Reifenschaeden bis zu einer Groesze von 6mm sofort verschlieszt. Ich habe aber auch schon gehoert, dasz diese Tire-Fix Sachen manchmal den Kleber von den Gummipropfen aufloesen (eine andere Reparaturmethode - die ich eigentlich sonst immer verwende) und man diese somit also nicht mehr verwenden kann. Diese Gummipfopfen Methode ist aber die, welche ich normalerweise immer verwende. Aber das war auch der Grund, warum mein Hinterreifen leck war - diese temporaere Gummipfopfenmethode ist wirklich nur temporaer. Naemlich genau dort entwich die Luft. Spannend ist halt die Frage, ob das Slime also meine Notfallmethode fuer Reifenschaeden in der Pampa jetzt behindert oder nicht. Die Worst-Case Alternative ist dann also der Reifenwechsel auf meinen Ersatzreifen - bei meinem Seitenwagenreifen kein Problem. Bei meinem Hinterrad aber...
Womit wir wieder beim Thema waeren. Also Reifen waren endlich  repariert und alle wieder auf die Felge aufgezogen. Und dann kam das Aufzieh-Spiel. Mittlerweile die Sonne schon Richtung Zenith. Kein Schatten mehr. Mein Sonnenhut bei Susan im Camp. Die Schrauben rutschen einen schon aus der Hand - die Konzentration ist am Tiefpunkt...
Nach einer gefuehlten Ewigkeit endlich fertig - nicht ohne alle Ablaeufe extra langsam durchzufuehren, weil man sich eben schon der geringen Konzentration bewuszt ist. Und immer wieder ein kleiner Zwischenstopp, wo man sich selber ermahnt nicht zu hudeln - nur um ja nicht wieder mit einem groeszeren Schaden liegen zu bleiben.
Die diversen Staubkoerner, die sich auf Grund des durch die vobeifahrenden LKWs aufgewirbelten Staubes an kritischen Stellen ablagerten - im Kardan, innerhalb des Endantriebes oder entlang der Achse, lassen einem nur am Anfang verzweifeln. Am Ende relativiert sich das, wie soviel im Leben.
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Zum Beispiel machte mir Susan gerade einen Kakao - ohne Milch, nur mit Wasser, dafuer aber mit einem feinem Schusz Rum. Aber zu dem Ort, an dem ich mich gerade aufhalte komme ich spaeter.
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Etwas kaputt kam ich dann endlich wieder im Campingplatz an. Nach zwei Minuten Rast kam noch einmal die Herausforderung die Sachen von zwei Personen  auf MrC aufzupacken - und das obwohl wir soviele IKEA Taschen bereits bei Frank zurueckgelassen haben.
Ein nicht triviales Unterfangen. Aber auch das meisterten wir.
Meine Stimmung war nicht optimal. Das Wissen, dasz wir von 30C in den stroemenden Regen fahren, erfuellte mich zwar einerseits mit Freude, da ich endlich dieser so muehsamen, staubigen Hitze entfliehen kann. Tja. Aber andererseits...
Aufgeben tut man einen Brief - und Bleiben war keine Option.
Also aufgesattelt und Losgefahren.
Und dann kam wieder die Ambivalenz des gestrigen Tages zum Vorschein. Durch das Wechseln des Endantriebes hat sich mein gesamtes Uebersetzungverhaeltnis veraendert. MrC kann jetzt nicht mehr schneller als rund 90km/h fahren. Das ist dann schon ausgereizt im 5. Gang bei rund 5000 Umrehungen. Normalerweise waere ich wohl etwas ungleucklich darueber. Aber in Wahrheit war es ein Gluecksgriff, der mir wieder mal nur im Nachhinein so bewuszt wurde. Dadurch das Susan inklusive ihrem Gepaeck ja jetzt auch mitfaehrt hat MrC rund 100kg mehr zu schleppen. Und auch das Fahrverhalten des Gespannes hat sich veraendert. Diese 100kg mehr fuehren dazu, dasz das asymetrische Fahrverhalten noch mehr betont wird: beim Beschleunigen zieht er nach rechts. Beim Bremsen ueberholt der Beiwagen das Fahrzeug und drueckt die Motorradseite nach links. Also ist sowieso nicht viel mit schnell fahren. Und im Gegenteil - auf der steilen Fahrt von Arica hinauf zur Hochebene um Putre herum kamen wir an wunderschoenen Taelern vorbei, die ich durch das gemuetliche Fahren viel mehr genieszen konnte.
Dadurch das die Strasze aber ziemlich steil war, muszte ich auch recht viele LKWs ueberholen, die sich alle mit rund 20kmh die Steigungen hochquaelten. Dank der niedrigen Uebersetzung konnte ich diese aber alle mit links (oder einfach nur links?) gut ueberholen.
Es ist aber auch gewoehnungsbeduerftig, rund 30% zu viel am Tacho angezeigt zu haben. Die Geschwindigkeit wird ja am Getriebeausgang abgelesen, welches sich ja nicht veraendert hat - der Endantrieb ist ja der Getriebe-Teil direkt vor dem Reifen und die Geschwindigkeit wird also davor gemessen. Ich musz mir also merken, das ich ab Tacho Kilometer 81.280 nun rund 30% weniger tatsaechliche Kilometer gemacht habe als am Tacho erfaszt.
...und wie wir es bereits erwartet haben, kamen wir in den Regen. Anfangs nur ein leichtes Troepfeln. Spaeter etwas mehr, was uns aber nicht stoerte, nachdem wir alle unsere Taschen in Muellsackerln eingerollt hatten und ich auch mein Regenzeug - zum zweiten Mal verwendet in 14. Monaten - bereits griffbereit verpackt hatte.
Nach rund 90km kamen wir dann nach 2 Stunden Fahrt zu unserem Tagesziel. Einem von Susan im Internet gefundenem Campinplatz. Naja. Eigentlich eher eine... Hmmmm... Ich bin mir nicht sicher, wie ich das so beschreiben kann. Ein Wohncomplex? Campingplatz? Restaurant? Wellblechhuette? Gartenanlage? Hippiekommune? Raststaette?
Schwierig zu beschreiben.
Das Ehepaar hat 4 Kinder. Aber es sind 2 auf Besuch und einer von ihnen ist derzeit nicht da. Also sieben Personen hier. Peinlicherweise habe ich in dem Trubel des Willkommen-Heiszen, viele Namen vergessen. Auf jeden Fall: Sie war in der Jugend eine renommmierte Langstrecjkenlaeuferin und war auf Grund ihrer Erfolge in Afrika, Asien und hat auch mehrere Jahre in Europa gelebt. Hat Medizin studiert, hat sich spezialisiert auf die Gehirnphysiologie. 
Alexis, ihr Mann war Lithograph, ist begeisterter Astologe und war damit auch viel in Europa unterwegs. Beides eigentlich nicht wirklich die typischen Hippies, die man sich so vorstellen wuerde. Aber sie leben hier ein bescheidenes und glueckliches Leben. Sie haben wenig. Aber sind damit zufrieden.
Aber die Leute hier sind so nett, dasz wir beschlossen haben einfach noch eine Nacht zu bleiben. 3165m laut ihrer Aussage. Das gleiche zeigt auch zum Glueck wieder mein GPS an, welches mir ja bei meinem letztem Besuch in Wien ausgetauscht wurde, da bei dem Geraet eben genau der Hoehenmesser nicht funktionierte.
Welch ein Zufall, dasz wir so einen netten Ort gefunden haben, um uns langsam an die Hoehe zu akklimatiseren. Sehr fein kann das Leben manchmal sein...

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