Montag, 26. September 2011

Höhentraining

Hmmmm... Ich grüble gerade wie man erfolgreiche Tage definiert.
Brav wie ich bin, bin ich also um 07:30 aus dem Bett gesprungen. Habe mir mal meine Route für den heutigen Vormittag angeschaut. Ist ja alles recht praktisch: Das Büro für die „Migracíon", das österreichische Konsulat und die Aduana (Zoll) liegen recht nah bei einander.
Praktisch - also alles schön zu Fuß zu erledigen. Nachdem mein Visum ja abgelaufen ist und im Loose Reiseführer empfohlen wird, am besten direkt in der Früh zwecks Verlängerung des Visums in der „Migracíon" vorstellig zu werden: bedeutet also 08:30 dort.
Das österreichische Konsulat lag da fast am Weg und nachdem ich für die Öffnungszeit eh zu früh dran war, habe ich noch schnell dort vorbeigeschaut. Es ist immer gut zu wissen wo was ist – man erspart sich dann später die Zeit des Suchens...
Tja. Auch schnell gefunden. Reinspaziert. Und den Portier gefragt in welchem Stock das österreichische Konsulat denn sei.
Seine Antwort: „Och. Das ist schon länger umgezogen. Das ist jetzt im ´Edificio Requima´. In der Avenida Montevideo". Eh kloa. Wäre ja zu schön gewesen, wenn das direkt hier am Weg gelegen wäre.
Aber keine Zeit herum zu weinen. Um 08:30 will ich ja bei der Migracíon sein... (Und dann das größte positive Highlight des heutigen Tages: meine Lieblingsmutter – weil einzige – hat mich mit einem Anruf am bolivianischem Handy überrascht. Schnell mit Ihr das weitere Vorgehen abgestimmt (Sie hat mit dem Bolivianischen Botschafter in Wien gesprochen)) Und dann zur Migracíon weitergeeilt.
Fein. Keine Schlange. Alles noch fast leer. Wie fein! Stefan Loose´s Reiseführer hat Recht gehabt. Gute Idee so früh zu kommen.
Und die Polizisten in Uniform: super zuvorkommend. Kaum stehe ich irgendwo eine Minute fragt mich einer, wo ich denn hinwill und was ich denn brauche.
Kurz meine Situation mit dem kaputten Motorrad erklärt und zum Schalter 4 geschickt worden. Tja. Dort war noch niemand. Aber macht nichts. Halt einfach dort warten. Ist ja richtig.
Nach ein paar Minuten kam auch ein Mann. Ich erklärte ihm meine Situation. Er äußerst verständnisvoll. Und schickt mich zum Schalter 8.
Am Schalter 8 eine sehr nette Dame. Welche meint, sie würde mich nicht betreuuen. Ich möge doch bitte zum Schalter 4 gehen.
...Ähem.
Nun gut. Also wieder zurück zu Schalter 4. Dort: „¡Sí, sí! ¡Es el ventanillo ocho!". Ähem. Also wieder zu Schalter 8 zurück. Dort erklärt, daß der Herr mich eben zu ihr geschickt hat. Und mich brav dumm gestellt. Daß mein Spanisch so schlecht sei. Und daß sie mir vielleicht helfen könnte und mich die 5m zu Schalter 4 begleiten könnte.
Gesagt, getan. Ist sie also zu Schalter 4 hingestürmt. Hat den Mann dort irgendwie beschimpft, daß er gefälligst zuständig sei. Und ist abgerauscht.
Ähem... Ich also zwischen zwei Fronten. Nun ja. Der Herr hat dann keine Anstalten gemacht, irgendwas zu unternehmen. Und so bin ich halt zu der Dame zurück. Und habe sie höflich gefragt, was sie mir denn empfehlen würde, was ich tun soll.
Tja. Sie greift zum Hörer. Ruft den Superchef dort an. Meine Hoffnung steigt, daß ich da endlich einer Lösung zugeführt werde.
...und bevor da jemand abhebt, drückt sie mir den Hörer in die Hand.
Nun gut. Machen wir mal wieder ein bisserl Sprachtraining. Erklärung von administrativen Problemen am Telephon. In Spanisch.
Auf jeden Fall meint dieser Herr ich möge doch zu Schalter 4 gehen.
Yap.
Ähem.
Nun gut.
Also wieder zurück zu Schalter 4.
Und dem Herrn dort erklärt, daß ich gerade mit dem Super-Jefe gesprochen habe. Und er gemeint hat, daß Schalter 4 zuständig sei.
Nun gut. Er schnappt sich meinen Pass. Und meine Temporäre Importerlaubnis des Motorrads. Und verschwindet nacht hinten.
Ein paar Minuten später. Er kommt zurück.
Und erklärt mir, daß ich als Österreicher leider zur Gruppe 1 Länder gehöre. Und die aber sogar 90 Tage Aufenthaltsgenehmigung bekommen. Aber danach gibt´s keine Verlängerungsmöglichkeit mehr. Und jeder Tag, den ich länger in Bolivien verbringe muß ich aber leider Strafe zahlen. 20 Bolivianos. 2€.
Och. Damit kann ich doch leben. [Daß diese Lösung für den Herrn am wenigsten Arbeite bedeutet, erwähne ich hier übrigens nicht.]
Tja. Und meine Frage, wie es denn mit der überschrittenenen temporären Importerlaubnis von MrC handhaben soll: Alles gar kein Problem. Das ist damit automatisch erledigt. Also alles eitle Wonne Eierkuchen.

Hmmmm...  Jetzt kommt wieder die Theorie ins Spiel. Und die Frage dann nach der Praxis. Weil jeder der die Bürokratie in Südamerika kennt, weiß, daß die Einwanderungsbehörde und der Zoll vollkommen unterschiedliche Bereiche sind. Die absolut gar nichts gemeinsam haben. Also würde es mich in meiner paranoiden Art doch sehr wundern, wenn ich da mit der Strafzahlung bei der einen Behörde automatisch auch die Strafe für die andere beglichen hätte.
Sowas funktioniert ja nicht mal in Österreich. (Und in Deutschland sowieso nicht!... ;-) )
Wie auch immer. Das Zoll-Hauptgebäude ist ja praktischerweise nur ein paar Straßen entfernt.  
Und sicherheitshalber einfach nur mal so nachgefragt, was die so meinen...
Tja. Klar, daß ich das verlängern muß. Aber dafür muß ich in den zweiten Stock. Zur „Unidad de Normas y Procedimientos".
Alles kein Problem. Also von der Infostelle zum Portier gegangen. Dort gebeten, daß ich zu eben dieser Abteilung will.
Und dann wieder das Spiel, welches ich schon kenne.
Tja. Die Portierin greift zum Hörer. Meine Hoffnung steigt, daß ich da endlich einer Lösung zugeführt werde.
...und bevor da jemand abhebt, drückt sie mir den Hörer in die Hand. Wortlos. Was sonst.
Yap. Also ich wieder mal am Telephon.
Die gute Nachricht: es hebt diesmal keiner ab.
Wiederwillig, läßt sie mich dann hoch in den zweiten Stock.
...Wo ich dann erfahre, daß ich hier im Hauptgebäude bin. Aber solch bürokratische Akte wie Importerlaubnisverlängungern werden hier nicht gemacht. Nur am Flughafen. Und dort soll ich dann also mein Anliegen noch mal gut artikuliert vorbringen. Und klarerweise würde da irgendein offizielles Dokument da helfen.
Ok. Mein Gefühl steigt, daß das ganze noch langwieriger wird.
Tja. Also dieser Ansatz, das ganze auf die bolivianisch korrekte Art zu lösen ist nur bedingt optimal.
Aber als stolzer Österreicher weiß ich, daß mit Vitamin B doch so vieles geht.
Klar, daß das wieder woanders ist. Aber ich bin ja gut zu Fuß. Nicht wahr?
Am österreichischem Generalkonsulat werde ich damit überrascht, daß da schon ab 09:00 offen ist. Auch wenn es bereits kurz vor 10:00 ist. Ich hatte eigentlich eher die Erwartung, daß die erst um 14:30 an einem Montag aufsperren.
Nun gut. Also hoch. Schließlich wenn ich schon da bin.
Tja. Nur weil das Büro geöffnet ist, bedeutet es nicht, daß da irgendjemand offizieller da ist. Klarerweise. Warum denn auch.
Nach ein bisserl Plausch mit einer bolivianischen Assistentin bekomme ich endlich die Telephonnummer des Konsuls.
Nun gut. Besser als gar nix.
Verlasse das Gebäude und ruf ihn schnell von meinem Handy an. Wenn ich doch schon hier bin...
Tja. Nur leider war wieder die lokale Nummer ohne Vorwahl aufgeschrieben. Keine Ahnung welche Vorwahl ich da schon wieder wählen muß. Also wieder zurück.
Diesmal mit einem anderen Assistenten gesprochen – welcher gar kein Deutsch konnte. Wozu auch? Nur weil er im österreichischen Konsulat arbeitet? Deutschkenntnisse werden überbewertet.
Wie auch immer. Sehr äußerst wiederwillig stimmt er dann zu, daß ich vom dortigem Telephon aus den Konsul anrufe.
Und ich wurde dann überrascht: Nix war mit wortlos den Hörer in die Hand drücken! Sogar brav hat er gewartet, bis die Sekretärin den Konsul am Rohr hatte. Kurz mich angekündigt und dann mit einem Ansatz eines Lächelns mir den Hörer übergeben. Österreich ist also doch kein Entwicklungsland. Beruhigend. (Einer der wenigen positiven Aspekte des heutigen Tages übrigens.)
Dann kurz mit dem Konsul meine Situation beplaudert – welcher übrigens wirklich äußerst zuvorkommend war. Meiner Bitte nach einer kurzen schriftlichen Bestätigung, daß ich hier vorstellig war und mit meinem Motorrad eben liegen geblieben bin, konnte er aber nicht nachkommen. Ein Konsulat kann solche Schriftsätze leider nicht ausstellen. Aber er schlägt mir vor, doch zur Touristenpolizei zu gehen. Und dort mir das bestätigen zu lassen. Und wenn ich dabei dann Probleme habe, kann ich ihn gerne noch mal anrufen und er wird dann intervenieren. Fand ich schon mal wirklich nett.
Nun ja. Letzendlich aber dann wieder ohne etwas in der Hand bin ich dann von dannen gezogen.
Hmmmmm... Nur wo ist denn wieder das Büro der Touristenpolizei? Im Konsulat wußte es dann niemand. Und schickten mich zur Touristeninfo. Die würden das doch auf jeden Fall wissen.
Ähem. Pontius läßt grüßen.
Auf jeden Fall dann eben bei der „Touri-Info" vorbeigeschaut. Und wieder mal meine Situation erklärt. Ähem. Hatte ich ja heute schon mal. Und die meinten, daß das Büro aber wieder ganz woanders ist. Aber eigentlich würden sie mir ja die „Policía de Transito" empfehlen. Die stellen eben solche Bescheide aus – damit ich dann beim Zoll wieder keine Probleme mit meiner Situation habe.
Sicherheitshalber dann am Weg auch noch ein paar Touristenpolizisten auf der Straße angesprochen. Und meine Situation erklärt. Und die bestätigen mir – „Ja,ja. Ich muß dafür zur Policía de Transito".
Ok. Ähem...
Also das Problem mit der Überschreitung des Visums werde ich heute nicht lösen. Was soll´s. Ich habe ja letztendlich ja auch noch eine andere Baustelle. Nicht wahr?
MrC. Und die Ersatzteilbeschaffung.
Das Viertel San Pedro ist ja gleich ums Eck. Nur ein paar Straßen weiter. Und dort gibt´s jede Menge Fahrzeugzubehör Geschäfte.
Tja. Ich kürz es ab. Ich glaub ich war in 100 Geschäften drin. Hab das Zündsteuergerät und meine Zündspule gesucht. Letztendlich dann zumindest ein Zündsteuergerät aufgetrieben, was von den Anschlüssen her paßt – wenn gleich aber das Gehäuse viel größer war. Und um 290 Bolivianos (29€) auch nicht wirklich günstig war. Aber besser als nach dem heutigen Tag gar nichts in der Hand zu haben. Weil meine Ersatzteile gab´s nämlich genau nirgends.
Die einzige weitere Sache, die ich heute wenigstens erledigen konnte war mein „Mannfilter"-Ölfilter. Es gab dann ein Geschäft, welches die sogar sofort vorrätig hatten. Kein Problem. Und kosten auch nur 65 Bolivianos (6,5€). Die Alternative war ein billiger Nachbau. Um 45 Bolivianos (4,5€).
Nun gut. Schnell zugeschlagen.
...Nach einiger Zeit in Südamerika bekommt man dann ein ein spezielles Gefühl. Wenn alles zu einfach geht. Und man gratis ein Plastiksackerl angeboten bekommt, obwohl man gar nicht danach fragt. Oder wenn man 2 Filter kauft, automatisch nur mehr 60 Bolivianos pro Filter bezahlt. Oder diese überfreundliche Art, ob man sonst noch was benötigen würde.
Hmmmm... Tja. Im nächsten Geschäft dann gefragt, was diese Filter denn normal kosten.
...45 Bolivianos. Ohne Rechnung 40 Bolivianos. Also um die Hälfte überteuert gekauft.
Ach. Was soll´s. Nach dem ganzen Herumlaufen – ich war schon seit 4 Stunden am Marschieren - war ich auch nicht mehr so fit.
Habe ich eigentlich erwähnt, daß La Paz auf rund 3900m Seehöhe liegt? Gut, wenn man da zu Fuß unterwegs ist. Lustig ist nur – bei dem Verkehr ist man mit einem Taxi sogar langsamer.
Anyway.
Zeit für Mittagsfutter. Einfach nur essen. An nichts denken. Gemütlich vielleicht im Internet surfen.
Ähem. Also wieder mal Theorie. In der Praxis habe ich dann in der Stunde einen Crashkurs in Zündspulen und deren Verdrahtungen gemacht. Innenwiderstände und Testaufbauten zum Troubleshooting von Zündproblemen. Kompatibilität von Zündsteuermodulen zu verschiedenen BMW Modellen.
Nun gut. Wenn ich schon ein Arbeitsessen hatte, beruhigte mich der Gedanke, daß Valentin und sein Sohn mittlerweile schon fast fertig seien mit den Arbeiten an MrC. Die LKW-Spiegelhalter. Die Vergrößerung des Freiraums um den Reifen, damit sich da kein Schlamm anhäufen kann. Die ganzen neu in Rurrenabaque gemachten Verstrebungen noch mit zusätzlichen Verstärkungen ergänzt. Und dann alles noch mit einer roten Farbe überzogen.
Welch Freude!
Ähem. Schon wieder mal die Theorie. Habe ich die Praxis erwähnt?
Wie ich dann nach der einstündigen Anreise dann endlich um rund 15:00 ankam, waren sie gerade dabei die ausgedachte LKW Spiegel Halterung anzuhalten um zu schauen, ob das so ginge. Und sonst nichts. Gar nichts gemacht.
Und sie haben sich zielsicher das unwichtigste aus meiner ToDo Liste herausgepickt.
Nun gut. Im Projektmanagement ist man ja solche Situationen gewöhnt. Aufregen bringt nix. Kurz erklärt, warum ich eben so meinen Zeitdruck habe. Kurz diskutiert, wie wir die Kuh schnell vom Eis kriegen. In welcher Reigenfolge was noch erledigt werden muß. Und dann halt machen lassen.
Werte Leser – fragt mich bitte allerdings nicht, wie ich mich innerlich gefühlt habe.
...Hier und da vergess ich übrigens, daß Arbeit hier in Südamerika nicht in Dollar bezahlt wird. Sondern mit Nerven.
Es kommen dann so kleine Vorkommnisse wie: Lackieren im starken (und auch staubigen) Wind auf der Straße ist eine suboptimale Idee. (Jeder der mal lackiert hat, kennt den feinen Sprühnebel, der sich dann ÜBERALL ablagert. Aber nicht dort, wo er soll)
Und mit der eingeschalteten Elektrode eines Lichtbogenschweißgerät in den Seitenwagen zu klettern ist eine Sache. Dabei ca. 10cm vom Einfüllstutzen versehentlich beinah am Tank anzukommen ist eine andere.
Aber vielleicht bin ich ja auch übersensibel.

Nun gut. Auf jeden Fall. Das eigentliche Problem ist ein anderes. Nämlich: wenn man mit einem Lichtbogenschweißgerät arbeitet, muß man die Batterie abklemmen, weil sonst die ganzen elektrischen Komponenten eben Schaden nehmen können.
...was aber in weiterer Folge auch bedeutet, daß das wichtigste des ganzen Tages warten mußte. Nämlich das ausprobieren, ob ein neues Zündsteuergerät meine Probleme löst.
Um 18:15 wurde MrC endlich von der Schweißwerkstatt in die Werkstatt von Valentin zurückgeschoben. Einige Arbeiten habe ich dann auf morgen verschoben.
18:15 bedeutet aber ein paar Minuten vor Sonnenuntergang hier. Und dann ist normalerweise hard-cut Ende mit Arbeiten hier. (Ordentliche Lichtanlagen hat hier übrigens keine Werkstatt!)
Tja. Daß die Batterie von MrC vollkommen leer war erwähne ich hier nicht weiter. Kann man ja schnell mit einer anderen LKW-Batterie lösen. Warum die leer ist? Nun ja. Ich habe da ein paar Mal / öfters gestarter um MrC überhaupt in die Werkstatt zu bekommen. Jeweils 100m bin ich ja gekommen, bevor der Motor abgestorben ist. Aber trotzdem war die Batterie nicht wirklich leer wie ich gegangen bin. Sehr strange.
Anyway. Was mich mehr beunruhigt ist, daß der Anlasser plötzlich auch wieder kreischende Geräusche macht – was mit meinem eigentlichem Problem, daß ich den Motor mittlerweile gar nicht mehr starten kann, gar nichts zu tun hat.

Und eh kloa, daß mein neues Zündsteuergerät gar nichts an dem Problem geändert hat.
Und das beste an der ganzen Sache. Ich habe - im Vergleich zwischen Valentin, seinem Sohn Diego und mir - am meisten Ahnung über die ganze Problematik mit MrC.
Nur zu einem wirklichen Elektro-Spezialisten zu fahren ist halt nicht. Weder weil es hier in La Paz einfach eben keinen gibt. Und eben weil ich MrC nicht wirklich bewegen kann.
Hmmmmmmm...
Danke, lieber Gott, daß  Du uns Alkohol geschenkt hast!
Prost!

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