Freitag, 17. Dezember 2010

Seekrank - ohne auf einem Schiff zu sein

Es ist Freitag. 08:16.

Ich sitze gerade in der einzigen Bar, die um diese Uhrzeit schon offen hat. Eigentlich wollte ich noch ein paar Sachen im Internet erledigen. Aber so nehme ich mal ein gemütliches Frühstück ein, und schreibe mal ein bisserl Reisetagebuch weiter.

Am Mittwoch bin ich aus Viedma aufgebrochen. Die ersten 150km waren SandWellblechSchotterPiste. Aber Mr. Churchill hat sich tapfer geschlagen – bis auf den Schalthebel, der mir dann bei der Fahrt dann rausgefallen ist und mein Windschild, welches sich gelockert hatte, keine Probleme.

Es war eine interessante Erfahrung so mit 80 durch Wellblech und Sand zu rauschen – wenn das Vorderrad sich verdreht, so wegrutscht und man trotzdem geradeaus fährt.(Allerdings in Kurven ist das ein weniger prickelndes, dafür umso gewöhnungsbedürftigeres Gefühl)

Auf der Straße bin ich dann die restlichen rund 500km mit gemütlichen 120 dahingerauscht.

Ca. 15min nachdem es dunkel wurde bin ich dann auf der Peninsula Valdez in der (einzigen, dafür umso touristischeren) Stadt mit dem Namen Puerto Piramides angekommen.

Die Strecke bin ich alleine gefahren – Fred wollte zwar auch dorthin, aber ich brauchte noch länger und irgendwie wollte auch jeder seinen eigenen Rhythmus fahren. Nach diesen 150km Piste war ich sicher, daß es Fred heute nicht mehr rechtzeitig schafft. Die Alternativroute wären 200km Umweg auf der Straße gewesen.

Umso überraschter war ich, wie ich dann Fred getroffen habe – er war kurz davor angekommen. Er ist die ganze Wellblechpiste weitergefahren – also noch ca. 60km weiter und  nicht die Weichei Variante, bei der man schon vorher zu Asphaltstraße durchsticht… (Naja. Da erkennt man halt seine Sanderfahrung aus Afrika) Aber er hat auch gemeint, daß es ihn beinahe 3mal umgeworfen hätte im Sand.

Nach meiner Ankunft habe ich dann noch schnell mein Zelt aufgebaut, wo mir Fred, mein kleiner Engel, noch geholfen und wertvolle Tips gegeben hat, wie ich das Zelt einfacher aufbauen kann. Mit Fred Plauschen und Zeltaufbauen war es dann eh schon weit nach 2200 und ich mußte noch kurz meine Wäsche waschen bzw. wollte Duschen.

Tja. Wenn das Leben nur so einfach ist… Hier ist ein Naturschutzgebiet und da ist nix mit so einfacher Wasserversorgung.

Ich habe ja bei der Abfahrt meine „Waschmaschine“ gefüllt. Meine Waschmaschine ist eigentlich ein 30l Duschsack, den man auf einem Baum aufhängt und dann mit Schlauch das Wasser für seine persönliche Oberflächenbehandlung verwenden kann. Man nehme also den Duschsack, fülle ihn mit Wäsche, benetze die neuralgischen Stellen der Kleidung mit Spülmittel, fülle diese in den Sack, nochmal eine große Prise Spülmittel drüber, mit Wasser auffüllen – und dann einfach ein paar Stunden Wellblechpiste fahren. Voila. Die Kleidung ist sauberer als zuhause. Nur das mit dem Ausspülen habe ich noch nicht so ganz draußen.

Tja. Und jetzt komme ich wieder auf mein kleines Problem mit der Wasserversorgung zurück.

Die Duschen sind hier nur von 1800 – 1930 einmal täglich offen. Das normale Waschbecken hat so einen Druckknopf ähnlich dem in einem Flugzeug – es kommt nur Wasser, wenn man den gedrückt hält. Tja. Also irgendwann noch kurz vor Mitternacht dann mit dem rechten Unterarm den Knopf gedrückt gehalten und mich dann derart verrenkt, daß ich es dann doch geschafft habe die ganze Wäsche unter den Wasserstrahl zu halten und mit den Händen mit frischem Wasser durchzukneten.

Das Problem des Platz Findes um dann die triefende Wäsche noch aufzuhängen erspare ich Euch. Ich sage nur „4-Personen Zelte sind klasse“ und „leichter Regen im Zelt ist nicht so schlimm“.

Spannender fand ich die Frage wie Duschen.

Eigneltich fahre ich ja Richtung Südpol. Und ich bin ja echt gut ausgerüstet. Mein Schlafsack geht bis -25C. Meine Daunenluftmatratze isoliert sogar bis -43C gegen den Boden. Tja.

Ähem.

Heute zeigte mein Thermometer +36,2C. Im Schatten wohlgemerkt. Während der Fahrt – also echte Werte!...

Und nach über 10h am Bike freut man sich dann doch sehr wohl auf eine Dusche.

Aber was machen,wenn man sich in einem Wüstengebiet befindet und in dem jede Wasserverschwendung verboten ist und der Wasserverbrauch stark reglementiert ist?

Natürlich auf die Regeln pfeifen. Also den Duschsack und den Druckknopfwasserhahn sinnvoll kombiniert und dann totmüde ins Bett gefallen.

 

Am nächsten morgen habe ich dann wieder zwei Sachen zum Thema „Suche Dir einen guten Platz zum Zelt aufbauen auf“ gelernt. Das Problem war - nur um diese Uhrzeit hatte ich kaum mehr Auswahlmöglichkeiten, also mußte ich nehmen was noch da war.

Der Boden hatte eine leichte Schräglage – was dazu führte, daß ich im Halbschlaf mich immer wieder versuchte auszugleichen, weil ich das Gefühl hatte einen Abhang herunterzurutschen. Die Luftmatratze erzeugte dabei ein schaukelndes Gefühl, wie in einem Wasserbett – somit wachte ich auf, weil ich das Gefühl hatte leicht seekrank zu werden…

Aber machte nicht allzu viel – gerade wie ich dann wieder eingeschlafen war, knallte die Sonne eh schon wieder auf mein Zelt und es wurde brutal heiß. Klarerweise lag ich mit dem Kopf im Sonnen- und nicht im dem durch die Bäume geschützten Bereich.

Anyway. Bin dann schnell aufgesprungen (was man bei so einer Reise als schnell bezeichnen kann – man gewöhnt sich ja einen gemütlicheren Lebenswandel an) und habe mir eine Panaderia gesucht. Frisches Brot, Thunfisch aus ganzen Stücken (die eigentlich durch das ganze Geschüttle während der Fahrt eigentlich eine Paste wurde), Ei, Zwiebel (sehr viel davon – sehr lecker!). Sehr fein sowas!

Den restlichen Tag habe ich dann sehr gemütlich vertan. Einfach nur mal ankommen. Und meine weitere Reiseroute planen. Es ist echt nicht einfach so eine Route insbesonders mit einem haltbaren Zeitplan festzulegen. Die Routen hier können für 100km irgendwas zwischen 1h und 4h sein. Ebenso Verzögerungen mit dem Wetter, Ausfälle des Fahrzeuges, kein Sprit, der verfügbar ist und man auf das Tankfahrzeug warten muß, Umwege, weil Straßen gesperrt sind oder Zollstationen nur von dem einem Land besetzt ist und das andere Land nicht – was dazu führt, daß man bei der Ausreise! dann massive Probleme bekommt. Und dazu kommen dann noch Tips von anderen Reisenden, die meinen „Ach. Dann mußt aber das unbedingt auch noch unbedingt mitnehmen. Nicht versäumen!“ und Voila: Du hetzt Deinem Zeitplan hinterher.

Lösung des Problems – keinen Zeitplan haben.

Ich merke auch, daß ich langsam etwas relaxter werde, was so gewisse Sachen angeht. Die ersten Tage in Südamerika, alles immer abgeschlossen in meinem Packsafe Stahlnetz – festgemacht an irgendwelchen Stahlleitungen. Jetzt denke ich mir – irgendwas wird mir auf der Reise garantiert gestohlen / oder ich lasse es irgendwo liegen. Die Frage ist nur wann.

Also habe ich mich auf 4 Sachen beschränkt, die ich nicht verlieren möchte: Mein Netbook, meine Kamera, mein Teleobjektiv und meine Dokumente bzw. Geld.

Und der Rest – naja. Kismet halt.

Ich merke, daß die Sachen hier echt schnell verschleißen. Nach der Reise kann ich mir so ziemlich alles neu kaufen – obwohl so mit Panzerband geklebte Sachen ja auch einen gewissen Reiz haben.

Aber auf das Aussehen pfeift man auch irgendwann mal. Hauptsache, die Sachen funktionieren. Wenn nicht – wegwerfen. Ganz einfache Regel…

In der Theorie.

In der Praxis: ich habe eine Tasche noch kaum geöffnet. Sind alles Sachen, die ich irgendwann brauchen könnte. Irgendwann mal. Aber nicht in den ersten 3 Wochen bis jetzt. (Zugegebenermaßen – es sind auch solche Sachen wie Medikamente. Aber das sind leider die Ausnahmen. Der Rest ist Luxusgut, den ich (derzeit) gar nicht brauche. Vielleicht freue ich mich mal in ein paar Moinaten darüber.)

Sodale. Es ist kurz nach Neun. Ich werde mal zum Zelt zurückgehen und mal umziehen in ein schattigeres Platzerl bevor die Wochenendtouristen kommen und ich dann keinen guten Platz finde.

 

Übrigens - mein „frisch gepreßter“ Orangensaft ist gerade eingetroffen – praktisch dieser Tetrapack heutzutage. Dafür ist der Milch-Kaffee frisch (..angerührt). Der Schinken-KäseToast ist auch „sehr gut durch“. (Kohlenstoffhältige canzerogene Stoffe werden überbewertet).

Naja. Der Vorteil für ihn – ich werde ihn nicht mehr wieder mit meiner Anwesenheit stören.

6 Kommentare:

  1. Hallo, Phil,
    wiese heißt der Hobel eigentlich Mr. Churchill?
    Und ist er wirklich männlich?
    Gruß
    Dieter

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  2. Mr. Churchill - ist doch klar! Er raucht wie ein Schlot, säuft wie ein Loch - und Super Sportler ist er auch keiner. ("No Sports!")
    Eher ein Mann für´s Grobe... :-)
    Liebe Grüße aus Argentinien!

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  3. nicht zu vergessen, Philipe, Churchill's wichtigste Aussage, als er an einem Vortrag das Essentielle aus seinem Leben erzählen sollte:

    C ging ans Rednerpult, schaute in die Runde und sagte:

    "NEVER, NEVER, NEVER EVER give up!"

    schaute nochmals in die Runde, und verliess den Saal..

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  4. So wie die zickt ist sie doch ein Mädel.

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  5. Na, Phil,
    der könnte glatt von Dir sein.
    Dieter

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