Dienstag, 5. Juli 2011

[2011.07-04, 22:49] Zu kalt. Zu warm. Was nun?

Gestern hat es ja einen kleinen Wintereinbruch in Potosi gegeben. In der Nacht ist dann sogar ein bisserl Schnee liegen geblieben. Man kann nicht wirklich sagen, daß es warm war.

Tja. Und heute in der Früh ging es dann zu einer Minenbesichtigung. Treffpunkt um 08:30 vor dem Büro von Koala Tours. (Was Koalas mit Bolivien zu tun hat erschloß sich mir zwar nicht ganz)

Danach ging´s zur Umkleidung – schnell die Winterklamotten gegen ein T-Shirt und einen Überwurf gewechselt.

Der erste Stop war dann beim „Miners Market". Coca Blätter, Zigaretten, Dynamitstangen und noch ein paar Flaschen Softdrinks gekauft. (Die Dynamitstange für 23 Bolivianos / 2,3€ als Gringo Preis – inklusive Zünder und Zündschnur)

Und dann gings über den Umweg eines Mirador (Aussichtspunkt mit Blick über die Stadt) und eine Refinery (wo das Silber aus dem Gestein ausgewaschen wird) in die Mine.

Man kann nicht wirklich empfehlen 1,86m (oder 6 Fuß) groß zu sein und in so eine Mine zu wollen – gut die Hälfte der Zeit ging ich gebückt. Und manchmal mußte man durch eine Öffnung durchrobben, die gerade mal 50cm im Durchmesser hatte. Unvorstellbar, daß man für 80 Bolivianos (8€) pro Tag so eine Arbeit macht. Naja. Andererseits – immerhin nach 5 Jahren Arbeit hat man dann eh schon Anspruch auf eine Krankenversicherung.

Und die Arbeitsbedingungen haben sich seit der Kolonialzeit auch massiv verbessert – früher gab es für die Sklaven 36h (sic!) Arbeitsschichten.

Je tiefer es ging, desto wärmer wurde es. Bei dem tiefsten Punkt wo wir waren angeblich 40C – jetzt wird besser verständlich warum man auch (kühle) Softdrinks für die Mineros mitnimmt.

Klasse war natürlich auch wie ich aus dem Nitroglyzerin mit den Händen eine Kugel geformt habe – die Hände blieben danach nur silbrig fettig (Glyzerin ist ja letztendlich auch eine gute Handpflege – Nitroglyzerin hat dann eine Bombenwirkung). Ein Glück, daß ich eine Leihhose hatte. Saugfähig.

Aber meine Spiegelreflexkamera konnte ich in der Tiefe dann eh nicht verwenden – der Frontfilter war so beschlagen, daß man auf den Photos nichts erkennen konnte. Eigentlich wäre eine kleine Kompaktkamera viel besser geeignet gewesen. Einerseits, weil sie wesentlich handlicher wäre. Und andererseits, weil sie auf Grund der geringeren Masse sich viel schneller an die hohe Temperatur angepaßt hätte – und damit weniger beschlagen hätte. Aber anyway. Der Sensor einer Spiegelreflexkamera ist letzendlich viel besser geeignet um die dunkle Stimmung einzufangen – das Licht der Helmlampe ist die einzige Lichtquelle unten. (Wenn auch diese wirklich ausgesprochen stark ist)

Witzig war dann wie unser Guide, Julio, die Dynamitstange angezündet hat, mir diese in die Hand gedrückt hat, und gemeint hat – Lust auf ein Photo? (Natürlich habe ich mir diese Chance nicht entgehen lassen)

Das Geräusch der Detonation erinnert übrigens an eine Unterwasserbombe. Sehr gedämpft. Aber die Druckwelle spürt man dann doch sehr stark im Bauch.

Spannend wurde es dann noch wie ein Trolley, der mit 2 Tonnen Erz beladen war, entgleiste und unseren Ausgang versperrte – der Gedanke da unten in der stickigen und schwülen Hitze zu bleiben war nicht so prickelnd. Aber nach ein bisserl Warten haben die Mineros ihn dann zur Seite gerückt und wir konnten wieder durch.

Übrigens – diese Jahr starben 3 Arbeiter in der Mine. Bei einem war die Geschichte folgende: Normalerweise platziert man mehrere Dynamitstangen auf einmal. Bei der Detonation zählt man dann mit, ob alle losgegangen sind. Wenn nicht, muß man frühestens nach 2h wieder schauen gehen. Dieser eine Minero war ziemlich nervös, weil eben eine Stange nicht losgegangen ist. Und hat sich dann ganz langsam und feinfühlig der Stelle genähert.

…und ist dann an giftigen Gasen gestorben, weil er nicht auf die Gaswarnlampe geachtet hatte. Yap. Shit happens.

Übrigens – die meisten Mineros sind noch in den Teens oder maximal in den Twens. (Die älteren bekommen dann meist eh eine Straublunge und können nicht mehr arbeiten. Oder sie berühren irgendwann die Höhlenwand – mit den Arsenkristallen.)

Nachdem Besuch in der Mine habe ich gleich einmal ein paar Stunden geschlafen. Wie ein Stein. Naja. Auch so ein Besuch ist anstrengend.

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